Informationsveranstaltung zum Thema „Sucht und Drogen“ am Berufskolleg Lübbecke

Vom Eierlikör zum Kokain

„Junge, in dem Glas ist noch ein wenig für dich zum Nippen.“ Bereits mit vier Jahren begann so die Alkohol- und Drogenkarriere von Christian Hütt, der zusammen mit seinem Kollegen Mathias Wald (beide geschäftsführende Gesellschafter der Christiane F. Foundation gGmbH) über seine Suchterfahrungen am Berufskolleg Lübbecke referierte. Im Rahmen des Programms „Ankommen und Aufholen nach Corona” hatten die Schulsozialarbeiterinnen des Berufskollegs, Ursula Sparmeier und Yvonne Mischke-Harter, die Informationsveranstaltung für Lernende und die Fortbildung für Lehrkräfte zum Thema „Sucht und Drogen“ organisiert.

Die Unterstufe der Höheren Berufsfachschule für Gesundheit und Soziales, die Berufsfachschulen des gewerblichen Bereichs und die Ausbildungsvorbereitungsklassen folgten gespannt den Vorträgen der beiden Referenten in der Stadthalle Lübbecke. Referent Mathias Wald war selbst zwölf Jahre lang drogenabhängig und ist jetzt seit 19 Jahren clean. Er erläuterte, wie man das „High“ eines Drogenrausches durch körpereigene „Drogen“, wie Dopamin, Endorphin und Serotonin selbst herbeiführen kann, welche Dinge dem Leben einen Sinn geben und wie die Leere, die bei ihm zum Drogenkonsum geführt hat, gefüllt werden kann. Sein Vortrag über Persönlichkeitsentwicklung, Selbstbewusstsein und Selbstwahrnehmung war gleichzeitig ein Plädoyer, das Leben in die eigene Hand zu nehmen und Verantwortung für dieses zu übernehmen. Magdalena Dyck aus der Höheren Berufsfachschule für Gesundheit und Soziales gewann die Erkenntnis, dass man glücklich sei, wenn man seine Bedürfnisse erfülle. „Da hat man keine Zeit für Drogen und kommt schwer auf den Gedanken, Drogen zu nehmen“, so die Schülerin.

Der Referent Christian Hütt erzählte in einer sehr sympathischen, authentischen Art seine Lebensgeschichte in der dritten Person. Bis zu einem Schlüsselerlebnis mit 33 Jahren gehörten Alkoholsucht, die Abhängigkeit von illegalen Substanzen und Medikamentenmissbrauch zu seinem Leben. Er sah seine Kindheit als Ursachenpuzzle, aber nicht als Entschuldigung, da jeder selbst für sein Leben und die eigenen Entscheidungen verantwortlich sei. Außerdem erläuterte er den „Spickzettel des Lebens“. Sein „Spickzettel des Lebens“ enthält einen Tennisball als Erinnerung für andauerndes Training und das Dranbleiben an der persönlichen Entwicklung, einen Bambusring als Symbol dafür, dass man sich mit guten Menschen umgeben und schlechte aus dem Umfeld verbannen solle sowie ein Tütchen mit 30.000 Sandkörnern (selbst abgezählt), die je eine Lebensstunde symbolisieren. Durch diese Informationsveranstaltung bot das Berufskolleg Lübbecke den Lernenden eine Hilfestellung bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung, um sie so vom Drogenkonsum abzuhalten. Die Schülerin Inka Pistler aus der Höheren Berufsfachschule für Gesundheit und Soziales erkannte, dass Drogen schädlich sind, und dass man keine Drogen nehmen sollte, „wenn man etwas in seinem Leben erreichen möchte“. Durch die Lebensgeschichten der beiden Referenten wurde ihr auch bewusst, dass „jeder etwas erreichen kann und dass nach jedem Tief ein Hoch kommt“.

Parallel zur Veranstaltung für die Lernenden fand im Forum des Berufskollegs eine Fortbildung zum Thema „Sucht in der Schule“ statt, an der insgesamt 17 Lehrkräfte aus allen Bereichen (Ernährung und Versorgung, Gesundheit und Soziales, gewerblich-technisch und kaufmännisch-verwaltend) teilnahmen. Durch diese Fortbildung entwickelten die Lehrkräfte des Berufskollegs Lübbecke Ideen, wie man bei Verdacht auf Drogenkonsum reagieren und wie man ein Prozedere für den Umgang mit Drogenkonsumierenden entwickeln kann. Für Referent Christian Hütt liegt ein wesentlicher Grund für den Konsum von Suchtmitteln in der Neugierde. Um Betroffenen zu helfen, sei es wichtig zu erkennen, dass man nicht das Verhalten der Personen ändern, sondern nur an der Einstellung von Personen arbeiten könne. Als Lehrkraft könne man Schülerinnen und Schüler beispielsweise auf Verhaltensänderungen ansprechen und Vermutungen auf Drogenkonsum oder Verhaltenssüchte, wie Spiel- oder Kaufsucht, äußern, so Christian Hütt. Außerdem sollten Schulen eine Schulvereinbarung „Sucht“ entwickeln, die ein Prozedere für den Umgang mit Betroffenen in der Schule (Lernende, Lehrkräfte, Mitarbeitende) vorgibt. Diese Schulvereinbarung müsse aber dann auch in der Schule gelebt werden.